Ratgeber

Warum Österreicher plötzlich Angst vor dem Wohnen haben

Autorenbild Kilian Treß
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Sechs von zehn Österreicherinnen und Österreicher fühlen sich in ihrer Nachbarschaft gestört. Was Zuflucht sein sollte, wird für viele zur täglichen Zumutung – vom Nachbarn bis zum Lärmpegel.

Ein Zuhause – aber kein Wohlfühlort

Egal ob Stadtwohnung oder Dorfhaus: Das Wohnen wird zur Nervenprobe. Laut einer immowelt-Studie geben 59 Prozent der Menschen in Österreich an, sich durch ihr Wohnumfeld gestört zu fühlen. Wohnqualität, so zeigt sich, ist kein Luxusbegriff mehr, sondern ein brüchiges Versprechen.

Der größte Frustfaktor: die Nachbarn. Jede fünfte befragte Person (19 %) klagt über sie – wegen Gerüchen, Lärm oder kulturellen Konflikten. Danach folgen hohe Wohnkosten (17 %) und schwache Infrastruktur (15 %). Die alltägliche Wohnrealität zeigt, wie schnell aus den eigenen vier Wänden ein Spannungsfeld wird.

Warum eskaliert das Wohnen?

Wohnraum wird knapper, teurer, dichter. Wo früher Rückzug war, ist heute Dauerpräsenz – Geräusche, Gerüche, Gewohnheiten dringen durch dünne Wände. Wer zur Miete wohnt, erlebt es noch stärker: 71 Prozent der Mieterinnen und Mieter fühlen sich beeinträchtigt, während es bei Eigentümern nur die Hälfte ist.

„Die Ergebnisse zeigen, dass Wohnqualität weit mehr ist als nur Quadratmeter und Preis. Gerade das soziale Umfeld entscheidet darüber, wie wohl wir uns wirklich fühlen“, sagt Dr. Robert Wagner, Geschäftsführer von immowelt. „In Städten belasten vor allem Nachbarn und hohe Kosten, während am Land Infrastruktur und Freizeitangebote fehlen. Das verdeutlicht, wie wichtig es ist, Wohnen ganzheitlicher zu denken: als Zusammenspiel von Raum, Gemeinschaft und Lebensqualität.“

Genau dieses soziale Gefüge scheint zu bröckeln. Der Preis für das urbane Zusammenrücken: weniger Abstand, weniger Verständnis, weniger Geduld.

Stadtleben: Teuer, laut, konfliktreich

In der Stadt ballen sich die Probleme – und die Nerven liegen blank. Ein Viertel der Stadtbewohner (25 %) ärgert sich über Nachbarn, 22 % über hohe Wohnkosten. Dazu kommen Verkehr, Baustellen, dünne Wände, ständige Geräuschkulissen. Vor allem in kleineren Wohnanlagen mit weniger als 50 Einheiten berichten 70 % von Störfaktoren. In der Großstadt ist Nähe kein Ausdruck von Gemeinschaft, sondern von Überforderung.

Junge Menschen trifft es besonders. Drei Viertel der 16- bis 29-Jährigen und ebenso viele Singles bis 39 Jahre geben an, ihr Wohnumfeld als belastend zu empfinden. Das Stadtleben – einst verheißungsvoll, pulsierend – wird für viele zum Dauerstress. Wer viel zahlt, will Ruhe. Doch Ruhe ist in den Städten zum Luxusgut geworden.

Landleben: Viel Platz, wenig Verbindung

Am Land sieht die Welt ruhiger aus – zumindest auf den ersten Blick. Der Lärmpegel sinkt, der Platz wächst. Aber Ruhe kann einsam machen. 15 % der Befragten klagen über fehlende Infrastruktur, 10 % vermissen Freizeitangebote. Arzt, Supermarkt, Busverbindung – oft alles weit weg.

In Einfamilienhäusern haben nur 51 % Probleme mit ihrem Wohnumfeld, deutlich weniger als in Mehrparteienhäusern. Dafür fehlt das Leben drumherum. Wer am Land wohnt, hat meist Platz, aber wenig Abwechslung. Zwischen Stille und Stillstand ist der Weg kurz.

Zwei Welten, ein Gefühl

Ob Stadt oder Land – das Zuhause ist kein Selbstläufer mehr. In der Stadt überfordert die Dichte, am Land die Leere. Und dazwischen wächst der Wunsch nach einem Ort, der wirklich Geborgenheit bietet. 78 % der Österreicher wünschen sich eine harmonische Nachbarschaft – ohne Krach, ohne Streit, ohne Misstrauen. Doch das Ideal vom guten Wohnen steht unter Druck. Quadratmeter, Preis, Lage – das alles zählt. Aber am Ende entscheidet, ob man die Menschen nebenan aushält.

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