Ratgeber

20 Grad – trotzdem kalt? Warum wir im Herbst und Winter immer frieren

Autorenbild Kilian Treß
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Ein Grad weniger heizen spart im Schnitt 6 bis 8 Prozent Kosten. Umso nerviger ist es, wenn man das Thermostat aufdreht, die Wohnung sich aber trotzdem kühl anfühlt. Woran liegt das? Und was lässt sich dagegen tun?

Eine typische Situation im Herbst. Du drehst deine Heizungen auf, aber es nützt einfach nichts: Dein Zuhause bleibt ungemütlich kühl. Woran kann das liegen? Und noch wichtiger: Wie lässt sich für mehr Wärme sorgen, ohne dass die Heizkosten aus dem Ruder laufen? Die wichtigsten Antworten liefert die Kombination aus Physik, Gebäudestandard – und unserem eigenen Temperaturempfinden.

Woher kommt dieses Kältegefühl?

Mehr als zwei Drittel des Energieverbrauchs privater Haushalte in Deutschland entfallen laut Umweltbundesamt auf das Heizen – entsprechend groß ist das Einsparpotenzial, wenn die Raumtemperatur gesenkt wird, heißt es dort. Gleichzeitig hält sich eine Faustregel hartnäckig: 1 Grad weniger spart rund 6 Prozent Heizenergie. Eine Auswertung, die sich unter anderem auf eine Simulation der Hochschule Biberach stützt, bestätigt diesen Wert als realistische Orientierung – je nach Gebäudetyp lagen die Einsparungen in den Berechnungen sogar eher zwischen etwa 7 und 8 Prozent pro Grad Raumtemperatur.

Auch bei den Kosten zeigt sich der Effekt deutlich: Ein Beispiel der Rheinhessischen Energie- und Wasserversorgung für eine 120-Quadratmeter-Wohnung mit rund 26.800 kWh Jahresverbrauch kommt auf eine Ersparnis von etwa 1.608 kWh und knapp 300 Euro pro Jahr, wenn die durchschnittliche Raumtemperatur um 1 °C abgesenkt wird – bei den dort zugrunde gelegten Gaspreisen. Solche standardisierten Rechnungen zeigen: Jede kleine Veränderung an der Temperatur kann sich spürbar auswirken.

Gleichzeitig heizen viele Menschen aus Kostengründen zurückhaltender. Laut Umfragen verschiedener Energie- und Vergleichsportale geben Hunderttausende bis Millionen Haushalte an, dass es in ihren Wohnungen im Winter zeitweise zu kalt ist, weil sie bewusst weniger heizen. Das passt zu dem Bild, dass steigende Preise und Sparbemühungen das subjektive Empfinden von „angenehm warm“ verändert haben.

Hinzu kommt: Unsere Temperaturwahrnehmung – die sogenannte Thermozeption – ist grundsätzlich subjektiv. Das Kälte- oder Wärmeempfinden hängt von Rezeptoren in der Haut ab, die nicht nur auf die Lufttemperatur reagieren, sondern auch auf Oberflächentemperaturen im Raum, auf Luftfeuchtigkeit und auf Luftströmungen. Deshalb können sich 20 °C je nach Situation mal angenehm, mal deutlich zu kühl anfühlen.

Kalte Oberflächen isolieren

Sind die Außenwände kühl, der Fliesenboden hart und kalt oder die Fenster schlecht gedämmt, entziehen diese Oberflächen dem Körper Wärme. Fachleute sprechen hier von einem thermischen Ungleichgewicht: Die Lufttemperatur mag stimmen, doch kalte Flächen strahlen Kälte ab und „ziehen“ Wärme vom Körper ab – das Ergebnis ist ein anhaltendes Frösteln, obwohl der Thermostat 20 Grad zeigt.

Um diesen Effekt zu mindern, kommen mehrere Maßnahmen infrage:

  • Wände und Fenster „anziehen“: Isolierende Tapeten, spezielle Thermo-Anstriche oder schwere Vorhänge verbessern den Wärmeschutz. Hinter Heizkörpern können dünne Dämmplatten verhindern, dass Wärme direkt nach außen verloren geht.
  • Kalte Böden abdecken: Hartholz-, Fliesen- oder Betonböden verstärken das Kältegefühl. Dicke Teppiche oder Läufer erhöhen den Fußkomfort und damit das gesamte Wärmeempfinden im Raum.
  • Risse und Fugen abdichten: Kleine Spalten in Wänden oder rund um Fenster und Türen lassen kalte Außenluft eindringen. Mit Acryl, Silikon oder Dichtbändern lassen sich solche Leckagen oft schnell und günstig schließen.
  • Isolierfolien auf Fenster kleben: Transparente Wärmeschutzfolien bilden eine zusätzliche Schicht vor der Verglasung. Sie sind leicht zu montieren und können laut Energieberatern den Wärmeverlust spürbar reduzieren.

Diese vergleichsweise einfachen Schritte verbessern den Wohnkomfort deutlich, ohne dass die Heiztemperatur erhöht werden muss. Bei sehr schlecht gedämmten Gebäuden raten Energieberater jedoch in vielen Fällen langfristig zu einer umfassenden energetischen Sanierung.

Das richtige Luftfeuchtigkeitsniveau

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Luftfeuchtigkeit. Unter sonst gleichen Bedingungen fühlt sich ein Raum mit 20 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit deutlich kälter an als ein Raum mit 50 Prozent. Das Umweltbundesamt empfiehlt für Wohnräume einen Bereich von etwa 40 bis 60 Prozent relativer Luftfeuchte, weil dies sowohl für das Wohlbefinden als auch für die Bausubstanz günstig ist.

Ist die Luft zu trocken, verdunstet Feuchtigkeit auf der Hautoberfläche schneller, der Körper verliert Wärme, es entsteht ein verstärktes Kältegefühl. Ist die Luft zu feucht, kann sich auf kalten Oberflächen Kondenswasser bilden – Wände und Fenster werden noch kälter, was sich wiederum negativ auf das Temperaturempfinden auswirkt und Schimmelbildung begünstigen kann.

Um die Luftfeuchtigkeit im empfohlenen Bereich zu halten, helfen einfache Maßnahmen:

  • Tägliches Stoßlüften für 5 bis 10 Minuten, auch im Winter
  • Bei sehr trockener Luft der Einsatz eines Luftbefeuchters
  • Bei dauerhaft hoher Luftfeuchte ein Luftentfeuchter oder gezieltes Querlüften
  • Wäsche möglichst nicht dauerhaft in Wohnräumen trocknen

Richtiges Lüften in Kombination mit bedarfsgerechtem Heizen trägt dazu bei, dass sich 20 °C auch tatsächlich wie 20 °C anfühlen.

Jagd nach Zugluft

Der letzte Punkt, der das Kälteempfinden massiv beeinflussen kann, sind Luftströmungen im Raum. Zugluft sorgt dafür, dass warme Luft ständig vom Körper wegtransportiert wird – die Haut kühlt schneller aus, man friert. Selbst bei einer eingestellten Raumtemperatur von 20 °C kann es sich dann deutlich kälter anfühlen.

Um Zugluftquellen aufzuspüren, empfehlen Energieberater einen einfachen Test: Eine brennende Kerze wird langsam an Fensterrahmen, Türspalten oder Steckdosen entlanggeführt. Flackert die Flamme, dringt an dieser Stelle Luft ein. In diesen Fällen können Türbürsten, Zugluftstopper, neue Dichtungsbänder oder das Justieren von Fenstern und Türen helfen.

Wichtig ist auch der richtige Umgang mit Lüftungsanlagen. Der spontane Reflex, eine kontrollierte Wohnraumlüftung abzuschalten, um „Zugluft zu vermeiden“, kann sich als Fehler erweisen: Warme Luft steigt nach oben, kalte Luft sammelt sich am Boden. Eine korrekt eingestellte Lüftungsanlage sorgt dafür, dass die Luft im Raum zirkuliert und sich die Temperatur gleichmäßiger verteilt – das reduziert im Ergebnis eher das Kältegefühl, als dass es verstärkt wird.

Wer zusätzlich abends Rollläden schließt oder Fensterläden nutzt, verbessert die Dämmung über Nacht und verhindert, dass kalte Außenluft an den Scheiben für weiter absinkende Oberflächentemperaturen sorgt.

 

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