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Grunderwerbsteuer: Unfaires Käufermodell - Wie eine Alternative aussehen könnte

Autorenbild Kilian Treß
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Deutschland diskutiert über Steuern – und kaum ein Bereich sorgt beim Immobilienkauf für so viel Ärger wie die Grunderwerbsteuer. Wer eine Immobilie für 500.000 Euro erwirbt, muss je nach Bundesland plötzlich Summen zahlen, die fast einem Mittelklassewagen entsprechen. Besonders kurios wird es, wenn man in Ulm und Neu-Ulm vergleicht. Eine neue Idee wurde jetzt von einem Immobilienprofi erörtert.

Unterschied je nach Bundesland

Die Grunderwerbsteuer ist einer der Kaufnebenkosten beim Hauskauf. Sie liegt in Deutschland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent – und wird von den Bundesländern individuell festgelegt. Während Bayern mit 3,5 Prozent den niedrigsten Satz erhebt, verlangt Baden-Württemberg 5 Prozent. Klingt nach wenig, ist aber bei hohen Kaufpreisen ein gewaltiger Unterschied. Und dann kommt es schonmal vor, wenn ich in Bremen wohne, in Niedersachsen bei der Steuer etwas spare, oder als Hamburger in Schleswig-Holstein sogar draufzahlen muss. Als Dankeschön, dass ich mir eine Heimat außerhalb der Metetropole suche, um der Arbeit wegen dann doch mit dem Auto wieder hineinzufahren. 

Grunderwerbsteuer je Bundesland – Stand 12.09.2025
Bundesland Steuersatz Hinweis
Nordrhein-Westfalen 6,5 %  
Brandenburg 6,5 %  
Schleswig-Holstein 6,5 %  
Saarland 6,5 %  
Berlin 6,0 %  
Hessen 6,0 %  
Mecklenburg-Vorpommern 6,0 %  
Hamburg 5,5 % seit 01.01.2023
Sachsen 5,5 % seit 01.01.2023
Bremen 5,5 % seit 01.07.2025
Baden-Württemberg 5,0 %  
Niedersachsen 5,0 %  
Rheinland-Pfalz 5,0 %  
Sachsen-Anhalt 5,0 %  
Thüringen 5,0 % seit 01.01.2024
Bayern 3,5 %  


Das wohl absurdeste Beispiel findet sich in Süddeutschland direkt an der Donau: Wer in Ulm (Baden-Württemberg) eine Immobilie für 500.000 Euro kauft, zahlt neben Makler und Notar noch 25.000 Euro Grunderwerbsteuer. Auf der anderen Seite des Flusses, in Neu-Ulm (Bayern), sind es nur 17.500 Euro. Ein Unterschied von 7.500 Euro – allein durch den Standort, keine 500 Meter voneinander entfernt. 

Reformideen aus der Wissenschaft

Dass Grunderwerbsteuer Familien beim Hausbau oder -Kauf stört, ist bekannt. Das diese Unterschiede immer wieder für Diskussionen sorgen, liegt auf der Hand. Unterschiedliche Ideen zur Lösung kursieren immer wieder. Von Angleichung, Senkung oder gar einer kompletten Streichung beim Erstkauf werden immer wieder Vorschläge vorgetragen.

„Beim Thema Grunderwerbsteuer wird oft nach der Abschaffung oder einem Aussetzen gerufen. Da die Steuer den Ländern zugutekommt, ist das aber nicht so einfach und allgemein eine sensible Diskussion. Dass eine Steuersenkung aber grundsätzlich umsetzbar ist, hat unlängst Thüringen gezeigt“, sagt Pekka Sagner, Senior Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik im Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Gespräch mit dem Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd). Zeitgleich schlägt er aber einen weiteren Reformvorschlag vor.

Ein gangbarer Weg sei aus seiner Sicht ein Stufentarif – ähnlich wie in England und Schottland. Dabei fällt für günstigere Immobilien eine niedrigere Steuer an, mit steigendem Kaufpreis wächst der Prozentsatz.

Sozial treffsicher – aber nicht ohne Streitpotenzial

Der Charme dieses Modells: Es wäre sozial ausgewogener, könnte Familien entlasten und den Traum vom Eigenheim realistischer machen. „Haushalte mit einem geringeren Einkommen oder Vermögen hätten so eher die Chance, Wohneigentum zu erwerben. Auf der anderen Seite würden Multimillionäre nicht davon profitieren, sie müssten eher noch etwas drauflegen für teure Immobilien. Unterm Strich ließen sich so bei richtiger Ausgestaltung auch Steuerausfälle für die Länder vermeiden“, erläutert Sagner. Wichtig sei dabei aber, dass die Steuer weiterhin Ländersache bleibe: „Die Sätze sollten nicht deutschlandweit gleich sein, sondern es gilt, die regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen.“
 

So sieht das Modell in UK aus

In UK zahlen Erstkäufer bis £300.000 keine Grunderwerbsteuer und sparen damit bis zu £5.000.
Für den Anteil zwischen £300.001 und £500.000 gilt ein Satz von 5 %.
Ab £500.000 greift der normale Steuertarif ohne Sonderregelung.

Grunderwerbsteuer UK  seit 01.04.2025
Kaufpreis-Anteil Steuersatz
bis £125,000 0 %
£125,001 – £250,000 2 %
£250,001 – £925,000 5 %
£925,001 – £1,500,000 10 %
über £1,500,000 12 %

 

Vorerst aber keine Lösung in Deutschland

Egal, welche Reformen in den kommenden Jahren auf den Weg gebracht werden – eines wird sich kaum ändern: Die Bundesländer werden an der seit 2006 bestehenden Freiheit festhalten, ihre eigenen Steuersätze festzulegen und damit Einnahmen zu sichern. Für die Doppelstadt Ulm/Neu-Ulm bedeutet das: Die Donau bleibt nicht nur ein Fluss, sondern auch eine unsichtbare Steuergrenze. Solange Baden-Württemberg fünf Prozent verlangt und Bayern bei 3,5 Prozent bleibt, zahlen Käufer entlang der rund 860 Kilometer langen Grenze deutlich mehr als auf der anderen.

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