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Ein Jahr Cannabis-Legalisierung: Wie Kiffen den Wohnungsmarkt verändert

Seit der Cannabis-Legalisierung am 1. April 2024 sind Besitz, Konsum und Anbau in begrenztem Umfang erlaubt. Einer Umfrage zu Folge ist die Mehrheit weiterhin von der Legalisierung überzeugt. Doch wie wirkt sich das auf Mietverhältnisse aus? Gibt es durchs Kiffen mehr Streit in Wohnhäusern? Wurden Mieten gemindert oder sogar Kündigungen ausgesprochen? Und wie positionieren sich Politik und Justiz? Eine tiefgehende Analyse mit aktuellen Zahlen, Urteilen und politischen Entwicklungen.

Eine Hausparty: Es wird gegessen, getrunken – und plötzlich auch gekifft. Von Freunden, die das vor 20 Jahren noch „nicht vertragen“ haben, aber heute nach eigener Aussage „dadurch besser schlafen“ können. Keine Frage: Die Legalisierung von Cannabis hat innerhalb eines Jahres nicht nur Menschen erlaubt, das zu tun, was sie sich zu vor aus Gewissensgründen vielleicht nicht getan haben. Das zeigt auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse, die Mitte Februar vor der Bundestagswahl unter 18- bis 70-Jährigen erfolgte.  Mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) hält demnach die Teil-Legalisierung von Cannabis für richtig und ist entsprechend gegen eine Rücknahme. Unter den 18- bis 34-Jährigen sprechen sich sogar Dreiviertel (75 Prozent) dagegen aus. Gut ein Drittel der insgesamt rund 1.000 Befragten befürworten hingegen eine Abschaffung des Cannabisgesetzes (36 Prozent). Unter den 18- bis 34-Jährigen sind es nur 19 Prozent.

Mittlerweile ist es auch auf fast allen Veranstaltungen nichts Ungewöhnliches mehr und wird zudem oft toleriert.
 Kiffen wird im Mietrecht wie Rauchen gehandhabt, sagt Mietrechtsexperte Alexander Bredereck über die Cannabis-Legalisierung. Oder doch nicht? Nachbarn und vor allem Vermieter sehen das oft anders. Und jetzt, da nicht mehr die Ampel, sondern eine CDU-geführte Regierung das Sagen haben wird, steht das Cannabisgesetz ohnehin wieder auf der Kippe – nach nicht einmal einem Jahr.

Mehr Beschwerden wegen Cannabisgeruch: Vermieter und Mieter im Konflikt

Mit der Legalisierung ist Cannabis-Konsum in den eigenen vier Wänden grundsätzlich erlaubt, ähnlich wie Tabakrauch. Doch genau hier liegt das Problem: Während einige Mieter ihr Recht auf Konsum einfordern, fühlen sich Nachbarn belästigt.

Wohnungsunternehmen und Vermieterverbände berichten von einer spürbaren Zunahme an Beschwerden wegen Cannabisgeruch. Laut dem Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) häufen sich Konflikte in Mehrfamilienhäusern, insbesondere bei Balkonkonsum (VNW).

Eine Recherche des MDR zeigt, dass insbesondere in urbanen Gebieten Vermieter vermehrt Abmahnungen verschicken, wenn der Geruch von Cannabis regelmäßig in Nachbarwohnungen zieht (MDR). Mieterschutzverbände kritisieren dies allerdings als rechtlich fragwürdig, da die Legalisierung den Konsum in der eigenen Wohnung ausdrücklich erlaubt.

Mietminderungen wegen Cannabis: Ein juristisches Neuland

Noch gibt es keine höchstrichterlichen Urteile dazu, ob Mieter ihre Miete wegen Cannabisgeruch mindern können. Allerdings könnten sich künftige Entscheidungen an bisherigen Urteilen zu Zigarettenrauch orientieren (Haufe).

Rechtsexperten raten betroffenen Mietern, eine Geruchsbelästigung genau zu dokumentieren und den Vermieter frühzeitig einzubeziehen. Ohne Abmahnung und eindeutige Belege könnte eine Mietminderung juristisch schwer durchsetzbar sein.

Grundsätzlich gibt es noch keine Studien, wie der legalisierte Cannabskonsum sich auf Jugend und Leben auswirkt. Das erste Modellprojekt zum Cannabisgebrauch in Deutschland mit einer kontrollierten Abgabe von Cannabis startete erst dieses Jahr in Hannover. Die Medizinische Hochschule Hannover und die Frankfurt University of Applied Sciences begleiten es wissenschaftlich. Das Projekt läuft in Kooperation mit der Stadt Frankfurt und der Sanity Group GmbH. Weitere Studen sollen auch in Düsseldorf und weiteren Städten folgen.

Der Anbau von Cannabis in Mietwohnungen: Welche Probleme treten auf?

Grundsätzlich ist der private Anbau von bis zu drei weiblichen Pflanzen pro erwachsener Person erlaubt. Doch Vermieterverbände warnen vor Schäden durch unsachgemäßen Anbau:

  • Feuchtigkeit und Schimmelbildung: Cannabis benötigt eine hohe Luftfeuchtigkeit, die bei falscher Belüftung zu Schimmel in der Wohnung führen kann.
  • Brandgefahr durch Lampen: Beim Indoor-Anbau kommen oft starke Beleuchtungssysteme zum Einsatz, die eine erhöhte Brandlast darstellen.
  • Intensiver Geruch: Cannabis-Pflanzen verströmen besonders in der Blütezeit einen sehr starken Geruch, der Nachbarn stören kann.

Einige Wohnungsunternehmen haben bereits reagiert und verschicken Hinweise an Mieter, dass Pflanzen nur in gut belüfteten Räumen und kindersicher aufbewahrt werden dürfen. In einigen Städten wurden bereits erste Fälle bekannt, in denen Vermieter wegen unsachgemäßem Anbau Abmahnungen verschickt haben.

Politische Debatte: Kommt die Rückabwicklung der Legalisierung?

Die Union drängt auf eine Rücknahme oder Verschärfung des Cannabisgesetzes. Friedrich Merz (CDU) warnte, dass die Legalisierung zu einer „brutaler werdenden Drogenkriminalität“ führe. Er stützt sich auf Aussagen des Mafia-Ermittlers Oliver Huth, der von einem Anstieg des illegalen Handels spricht. Auch die Bundesärztekammer fordert eine Rücknahme und kritisiert das Gesetz als „hochgradig verantwortungslos“.

Ob es tatsächlich zu einer Rückabwicklung kommt, ist offen. Eine umfassende Evaluierung der bisherigen Auswirkungen ist für die zweite Jahreshälfte 2025 geplant. Sollten sich die negativen Folgen häufen, könnte eine neue Regierung die Legalisierung wieder kippen oder strenger regulieren.

Internationale Erfahrungen: Was zeigt der Blick in die USA?

In den USA ist Cannabis in vielen Bundesstaaten legal. Dort zeigen sich unterschiedliche Auswirkungen auf den Immobilienmarkt:

  • Steigende Nachfrage in manchen Gegenden: In Staaten wie Colorado oder Kalifornien wurden Immobilien in der Nähe von Cannabis-Dispensaries - hier als "Social Clubs" betitelt - teurer, weil Konsumenten dorthin zogen, heißt es beispielsweile beim Pew Research Center, einem nichtstaatliches Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Washington.
  • Mehr Konflikte in Wohnhäusern: Geruchsbelästigungen sind auch dort ein großes Streitthema, insbesondere in Mehrfamilienhäusern.
  • Strenge Regelungen für Anbau: Viele US-Bundesstaaten haben spezifische Vorschriften für den Heimanbau (z. B. spezielle Lüftungssysteme oder Anbauräume), um Probleme zu vermeiden.

Deutschland könnte von diesen Erfahrungen lernen und ebenfalls nachsteuern, um Streit in Mietshäusern zu reduzieren.

Fazit: Immobilienbranche muss sich anpassen

Die Cannabis-Legalisierung hat spürbare Auswirkungen auf den Mietmarkt:

Mehr Nachbarschaftsstreitigkeiten wegen Geruchsbelästigung

Erste Mietminderungen könnten künftig verhandelt werden

Politischer Druck wächst, das Gesetz zu verschärfen oder zurückzunehmen.

Für Mieter und Vermieter bedeutet dies, dass sie sich gut über ihre Rechte und Pflichten informieren sollten. Mieter müssen Rücksicht nehmen, während Vermieter klare Regelungen treffen können, um Konflikte zu vermeiden. Wie sich die Situation weiterentwickelt, hängt auch von den politischen Entscheidungen der kommenden Jahre ab. Grundsätzlich sind aber die Meinungen bei  CDU/CSU klar formuliert. Sie halten nichts vom Kiffen, weshlab das Gesetz nun auch zur Debatte stehen könnte.

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