Die Geothermie könnte eine Schlüsselrolle in der deutschen Wärmewende spielen – effizient, umweltfreundlich und unabhängig von fossilen Brennstoffen. Neue Technologien wie Trockendampfkraftwerke, Flash-Dampf-Kraftwerke und Binärkraftwerke machen die Nutzung von Erdwärme noch effektiver. Ist das die Zukunft der Energieversorgung?
Warum Geothermie eine Revolution für die Wärmewende ist
Die Energiewende stellt Deutschland vor eine große Herausforderung: Wie können wir unseren Wärmebedarf klimafreundlich decken, ohne auf fossile Brennstoffe angewiesen zu sein? Während Wind- und Solarenergie wetterabhängig sind, bietet Geothermie eine konstante und nachhaltige Energiequelle, die rund um die Uhr verfügbar ist.
Bereits 2022 veröffentlichten führende Wissenschaftler eine umfassende Roadmap zur Nutzung der Geothermie in Deutschland. Die Studie zeigte auf, dass tiefe geothermische Systeme langfristig bis zu 25 Prozent des deutschen Wärmebedarfs decken könnten – insbesondere für die Fernwärmeversorgung in Städten. Nun nimmt die Entwicklung richtig Fahrt auf:
- Neue Gesetzesreformen wie das novellierte Geothermie-Förderprogramm der Bundesregierung und vereinfachte Genehmigungsverfahren beschleunigen den Ausbau.
- Technologische Durchbrüche bei der hydrothermalen Geothermie und Enhanced Geothermal Systems (EGS) ermöglichen die Nutzung bislang unerschlossener Tiefenwärme.
- Milliardeninvestitionen: Unternehmen wie E.ON, EnBW und die Deutsche ErdWärme investieren massiv in geothermische Projekte, während die Bundesregierung bis 2030 Fördermittel in Höhe von mindestens 1 Milliarde Euro bereitstellt.
Diese Entwicklungen lassen erwarten, dass Geothermie in den kommenden Jahren eine tragende Säule der deutschen Wärmewende wird.
Die aktuellen Entwicklungen: Ausbau der Geothermie in Deutschland
Lange wurde das Potenzial der Geothermie unterschätzt, doch jetzt wächst der Sektor rasant. Nach Angaben des Bundesverbandes Geothermie gibt es in Deutschland:
- 41 geothermische Anlagen, die bereits Strom und Wärme liefern
- 12 weitere Anlagen, die aktuell gebaut werden
- Über 150 neue Projekte, die in der Planungsphase sind (Stand: August 2024)
Zusätzlich nutzen bereits über 470.000 Gebäude die oberflächennahe Geothermie, und jährlich kommen etwa 31.000 neue Anlagen hinzu.
Die größte deutsche Geothermieanlage entsteht derzeit in München – und ist gleichzeitig die größte in Kontinentaleuropa. Sie soll bis 2033 fertiggestellt werden und 75.000 Haushalte mit Fernwärme versorgen. Wegen der guten geologischen Lage könnte Bayerns Energiebedarf zu bis zu 40 Prozent mit Energie aus Geothermie gedeckt werden.
Geothermie 2.0: Neue Technologien verbessern die Effizienz
Die Geothermie hat sich in den letzten Jahren durch technologische Innovationen enorm weiterentwickelt. Besonders drei neue Kraftwerkstechnologien haben das Potenzial, die Wärmewende voranzutreiben:
- Trockendampfkraftwerke: Diese Anlagen nutzen natürlichen Dampf aus geothermischen Quellen direkt zur Stromerzeugung – effizient und umweltfreundlich.
- Flash-Dampf-Kraftwerke: Heißes Wasser wird unter Druck in ein Reservoir gepumpt. Beim Druckabfall entsteht Dampf, der Turbinen antreibt. Besonders geeignet für tiefe und heiße Geothermalquellen.
- Binärkraftwerke: Eine bahnbrechende Innovation! Diese Kraftwerke nutzen Flüssigkeiten mit niedrigerem Siedepunkt als Wasser, so werden auch geothermische Quellen mit geringeren Temperaturen, an weltweit mehr Standorten, nutzbar.
Die neuen Technologien ermöglichen eine höhere Energieausbeute und erweitern die möglichen Einsatzgebiete erheblich. Dadurch wird Geothermie auch in Regionen wirtschaftlich, die bisher nicht als ideale Standorte galten.
Was ist Geothermie 2.0?
Geothermie 2.0 nutzt tiefere Erdwärmequellen und neue Fördertechnologien.So kann Erdwärme auch außerhalb klassischer Thermalquellen genutzt werden – für Fernwärme, Stromerzeugung und Industrie. Mit effizienteren Bohrungen und verbesserten Wärmetransfers könnte Geothermie langfristig ein Viertel des deutschen Wärmebedarfs decken.
Vorteile der Geothermie: Warum sie ein wichtiger Baustein in der Wärmewende sein kann
Geothermische Energie bietet eine Reihe von Vorteilen, die sie zu einer der vielversprechendsten Technologien der Wärmewende machen:
- Klimafreundlich: Nahezu keine CO₂-Emissionen im Betrieb.
- Zuverlässig: Erdwärme ist immer verfügbar – unabhängig von Wetter und Tageszeit.
- Kosteneffizient: Nach der Erschließung ist die Wärmequelle langfristig nutzbar.
- Vielseitig einsetzbar: Funktioniert sowohl für einzelne Gebäude als auch für große Fernwärmenetze.
- Platzsparend & lautlos: Keine großen Anlagen oder Lärmbelästigungen wie bei Windkraft.
Herausforderungen: Was bremst die Geothermie noch aus?
Trotz ihrer vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die beim Ausbau der Geothermie berücksichtigt werden müssen:
- Hohe Anfangsinvestitionen: Besonders bei Tiefengeothermie sind Bohrungen kostenintensiv.
- Mögliche Umweltwirkungen: In Einzelfällen kann es zu Bodenveränderungen kommen.
- Regulierungen & Genehmigungen: Bürokratische Hürden können Projekte verzögern.
Doch neue Gesetze sollen den Ausbau erleichtern: Genehmigungsverfahren werden vereinfacht, Förderungen ausgeweitet und bürokratische Hürden abgebaut.
Förderungen & gesetzliche Änderungen: Ein Boost für die Geothermie
Seit 2024 gibt es im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) eine Grundförderung von 30 Prozent für Heizsysteme mit erneuerbaren Energien – einschließlich Erdwärmepumpen. Zusätzlich gibt es einen Bonus von 5 Prozent für besonders effiziente Systeme.
Weitere Erleichterungen umfassen:
- Privathaushalte profitieren: Kleinere Erdwärmepumpen benötigen keine wasserrechtliche Genehmigung mehr.
- Neue Baurechtsregelungen: Erleichterungen für geothermische Projekte in Außenbereichen.
- Mehr Digitalisierung: Verwaltungsprozesse sollen gestrafft werden.
Vorbild Island: Wie Geothermie ein Land revolutionierte
Ein Blick nach Island zeigt, welches Potenzial Geothermie hat:
- 90 Prozent der Haushalte heizen dort mit Erdwärme.
- Reykjavik bezieht fast seine gesamte Wärmeversorgung aus geothermischen Quellen.
- Die Stromkosten sind extrem niedrig, da die Energiequelle unerschöpflich ist.
Island profitiert von idealen geologischen Bedingungen, doch neue Technologien wie Binärkraftwerke ermöglichen es jetzt auch anderen Ländern, Geothermie effizient zu nutzen – selbst ohne vulkanische Aktivität.
Fazit: Die Wärmewende braucht Geothermie 2.0
Die Kombination aus technologischen Fortschritten, neuen Gesetzesreformen und steigenden Investitionen macht die Geothermie zu einer der vielversprechendsten Lösungen für die deutsche Wärmewende.
Ob als Teil großer Fernwärmenetze oder zur individuellen Nutzung im Eigenheim – die Zukunft der Energieversorgung könnte direkt unter unseren Füßen liegen. Jetzt kommt es darauf an, die richtigen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen zu treffen, um dieses Potenzial voll auszuschöpfen.