Darf jemand mit Bürgergeld ein Haus besitzen – oder gar eins kaufen? Was widersprüchlich klingt, ist tatsächlich erlaubt und unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich. Ein Überblick über Chancen, Grenzen – und über eine stille Gerechtigkeitsdebatte, die oft nur zwischen den Zeilen geführt wird.
Wenn das Eigenheim zum Schonvermögen wird
Es klingt für viele irritierend: Während manche Jahrzehnte lang sparen, verzichten und schuften, dürfen Bürgergeld-Empfänger mitunter in einem eigenen Häuschen wohnen – und das Jobcenter übernimmt dabei sogar Nebenkosten. Doch so einfach ist es nicht.
Tatsächlich erlaubt der Gesetzgeber den Besitz von selbst genutztem Wohneigentum – unter zwei Voraussetzungen:
- Das Haus wird selbst bewohnt.
- Die Wohnfläche ist „angemessen“.
Der Marktwert der Immobilie ist dabei unerheblich. Selbst eine teure Villa kann zulässig sein – sofern sie nicht zu groß ist. Klingt ungerecht? Vielleicht. Aber die Realität ist meist weit entfernt von Luxus: Oft handelt es sich um kleine geerbte Häuser, Immobilien auf dem Land oder unsanierte Altbauten. Und wer sein Haus behalten darf, lebt oft trotzdem am Limit.
Kaufen mit Bürgergeld? Theorie trifft Wirklichkeit
Ein Haus zu besitzen, ist das eine. Aber eines während des Bezugs von Bürgergeld zu kaufen – das ist in der Praxis kaum möglich. Denn auch wenn der Gesetzgeber den Erwerb nicht ausdrücklich verbietet, stellt sich die Frage: Wer finanziert das?
Drei Stolpersteine machen den Traum schwer:
- Kein Kredit ohne Einkommen: Banken brauchen Sicherheiten – Bürgergeld zählt nicht dazu.
- Jobcenter zahlt keine Tilgung: Nur Zinsen können unter Umständen übernommen werden.
- Begrenztes Eigenkapital: Das sogenannte Schonvermögen liegt bei maximal 40.000 Euro – im ersten Jahr. Für eine Immobilie zu wenig.
Selbst wenn irgendwo ein Haus für 30.000 Euro auftaucht – bei Zwangsversteigerung oder auf dem Land – kommen weitere Kosten hinzu: Grunderwerbsteuer, Notar, Sanierung. Ohne Rücklagen wird aus dem vermeintlichen Glück schnell ein Fass ohne Boden.
Mietkauf, Erbpacht & Co.: Zwischen Hoffnung und Haken
Wenn klassische Baufinanzierung nicht möglich ist, geraten Alternativen wie Mietkauf oder Erbpacht in den Blick. Modelle, die auf den ersten Blick attraktiv wirken – aber ihre Tücken haben.
- Mietkauf: Man mietet zunächst, ein Teil der Miete wird auf den Kaufpreis angerechnet. Klingt clever – scheitert aber oft daran, dass am Ende trotzdem ein Kredit nötig wäre.
- Erbpacht: Statt das Grundstück zu kaufen, wird es langfristig gepachtet. Das reduziert die Kosten – aber das Haus muss trotzdem gebaut oder gekauft werden.
In beiden Fällen gilt: Ohne zusätzliches Einkommen sind diese Optionen kaum realistisch – und häufig mit rechtlichen und finanziellen Risiken behaftet.
Wer zahlt was? Ein Kassensturz
Wer bereits ein Eigenheim besitzt und Bürgergeld bezieht, stellt sich früher oder später die Frage: Was übernimmt das Jobcenter eigentlich? Antwort: Eine ganze Menge – sofern die Immobilie „angemessen“ ist.
Übernahmefähige Kosten im Überblick:
- Heiz- und Nebenkosten
- Wasser- und Abwassergebühren
- Grundsteuer, Müllabfuhr, Schornsteinfeger
- Wohngebäudeversicherung
- Zinsen (nicht Tilgung!) eines laufenden Kredits
- Erbbauzins (falls Erbpacht)
Nicht übernommen werden hingegen: Rücklagen für Reparaturen, Instandhaltungskosten, Kredit-Tilgungen oder Investitionen in Modernisierung. Auch das macht deutlich: Der Staat sichert das Wohnen, nicht den Vermögensaufbau.
Der unterschätzte Punkt: Gerechtigkeit
Ist es gerecht, dass jemand mit Bürgergeld ein Haus behalten darf, während andere mit Vollzeitjob zur Miete wohnen – oft ohne Aussicht auf Wohneigentum? Die Frage ist nicht neu. Und doch lohnt sich ein differenzierter Blick.
Drei Gedanken, die man einbeziehen sollte:
- Viele Immobilien sind geerbt, nicht gekauft.
- Enteignung widerspricht dem Sozialstaatsprinzip – Besitz, der vor dem Bürgergeld-Bezug bestand, bleibt geschützt.
- Niemand tauscht freiwillig Wohlstand gegen Bürgergeld, nur um ein Dach über dem Kopf zu behalten.
Man sollte auch bedenken: Die Regelungen sollen vor Obdachlosigkeit schützen – nicht vor Ungleichheit. Wer in der Lage ist, Eigentum ohne staatliche Hilfe zu erwerben, hat nach wie vor bessere Chancen.
Fazit: Möglich, aber selten und voller Stolperfallen
Ein Haus während des Bezugs von Bürgergeld zu kaufen – rechtlich erlaubt, praktisch fast ausgeschlossen. Wer hingegen bereits ein Eigenheim besitzt, darf es unter bestimmten Bedingungen behalten. Die Realität ist dabei weit entfernt von der Vorstellung vom „staatlich finanzierten Luxusleben“.
Was bleibt, ist ein Balanceakt:
- Der Staat schützt das Wohnen, nicht das Ansparen.
- Gerechtigkeit liegt im Detail – und oft im Auge des Betrachters.
- Für die Betroffenen geht es meist nicht um Besitz, sondern um Sicherheit.
Geschrieben am 27.07.2025
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