Ratgeber

Zinsen steigen – aber Käufer kaufen wieder: So machen sie’s

Autorenbild Kilian Treß
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Die Bauzinsen ziehen seit Wochen wieder leicht an, doch Kaufinteressenten lassen sich davon kaum bremsen. Mit niedriger Tilgung, hohen Kreditanteilen und cleveren Strategien sichern sich viele weiterhin ihre Traumimmobilie. Experten warnen allerdings: Wer heute auf zu günstige Raten setzt, zahlt morgen drauf.

Vor zehn Jahren war die Welt für viele Immobilienkäufer noch einfach: Zinsen im Keller, der Traum vom eigenen Haus schien greifbar wie nie. Heute ist die Niedrigzinsphase längst Geschichte, Baufinanzierungen kosten wieder deutlich mehr. Doch statt den Traum vom Eigenheim aufzugeben, passen Käufer ihre Strategien an – und kaufen trotzdem.

Bauzinsen ziehen an – doch Panik ist nicht in Sicht

Nach einer langen Phase der Ruhe zeigt sich seit Mitte Juli wieder ein Aufwärtstrend bei den Bauzinsen. Rund 3,7 Prozent werden aktuell für zehnjährige Darlehen fällig – ein Wert, der zwar über dem Frühjahr liegt, aber deutlich unter den Spitzen von über vier Prozent bleibt.
Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin bei Interhyp, sieht darin keinen Grund zur Sorge: „Wir sind noch weit vom Hoch des Vorjahres entfernt.“ Auch andere Marktbeobachter geben Entwarnung. Laut Florian Pfaffinger von Dr. Klein bewegen sich Top-Konditionen nach wie vor zwischen 3,25 und 3,5 Prozent. Kurzfristige Ausschläge seien zwar möglich, insgesamt sei das Umfeld aber stabil.

Käufer schalten um: Tilgung runter, Fremdkapital rauf

Wie reagieren die Käufer auf diese Lage? Die neuesten Zahlen zeigen ein klares Muster: Immer mehr Immobilieninteressenten senken den Tilgungssatz, um ihre monatliche Belastung zu drücken. Im August fiel er laut Dr.-Klein-Trendindikator auf 1,92 Prozent – ein Rekordtief seit Beginn der Messung 2015.
Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein, erklärt: „Je niedriger die Tilgung, desto leichter lassen sich die monatlichen Raten stemmen. Und genau das nutzen Käufer, um den Traum vom Eigenheim trotz gestiegener Zinsen zu verwirklichen.“ Parallel dazu steigt der Beleihungsauslauf: Käufer bringen weniger Eigenkapital ein, der Fremdkapitalanteil liegt bei über 84 Prozent.
Im Schnitt lag die Darlehenssumme im August bei 277.200 Euro, die monatliche Rate bei knapp über 1.000 Euro. Damit zeigt sich: Der Immobilienkauf bleibt möglich – wenn auch auf Kosten längerer Laufzeiten und höherer Gesamtkosten.

Zwischen Chance und Risiko: Was Käufer beachten müssen

Die Strategie klingt verlockend, birgt aber Fallstricke. Niedrige Tilgung bedeutet, dass die Restschuld lange hoch bleibt und die Zinslast insgesamt steigt. Experten raten deshalb, Sondertilgungen oder spätere Tilgungserhöhungen einzuplanen.
„Grundsätzlich gilt: Je mehr Eigenkapital, desto sicherer die Finanzierung“, so Neumann. Pfaffinger ergänzt eine Faustregel für die Belastbarkeit: „Die monatliche Rate sollte 30 Prozent des Nettoeinkommens nicht überschreiten.“ Nur so bleibt genug Spielraum für Rücklagen und unvorhergesehene Ausgaben.

Die besten Tipps bei der Finanzierung:

  1. Tilgung clever wählen
    Ein niedriger Tilgungssatz macht die Monatsrate zwar günstiger, verlängert aber die Kreditlaufzeit und erhöht die Gesamtzinslast. Experten empfehlen, später die Tilgung zu erhöhen oder Sondertilgungen zu nutzen, um schneller schuldenfrei zu sein.
  2. Eigenkapital strategisch einsetzen
    Je mehr Eigenkapital vorhanden ist, desto besser die Konditionen. Banken arbeiten mit Stufen in 10-Prozent-Schritten. Wer knapp unter einer Schwelle liegt, sollte prüfen, ob Verwandte oder Rücklagen den fehlenden Betrag decken können – das kann Zinsnachlässe bringen.
  3. Belastungsgrenze beachten
    Eine gute Faustregel lautet: Die monatliche Rate sollte nicht mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens betragen. So bleibt finanzieller Spielraum für Rücklagen oder unvorhergesehene Ausgaben.
  4. Schnelligkeit zahlt sich aus
    Das Zeitfenster für günstige Finanzierungen könnte sich schneller schließen als gedacht. Wer zu lange wartet, riskiert höhere Zinsen und Kaufpreise. Handeln kann sich also lohnen.
  5. Vergleich lohnt sich
    Die Zinsen unterscheiden sich von Anbieter zu Anbieter, oft nur im Zehntel-Prozentbereich. Dennoch kann das über die gesamte Laufzeit mehrere tausend Euro ausmachen. Ein individueller Vergleich – ob über Vermittler oder Rechner – ist Pflicht.
  6. Sondertilgungen einplanen
    Verträge mit Sondertilgungsoptionen geben Flexibilität: Zusätzliche Zahlungen sind möglich, ohne die monatliche Rate zu erhöhen. Das senkt die Restschuld und spart langfristig Zinsen.

Kaufen ist immernoch möglich

Trotz steigender Bauzinsen bleiben Immobilienkäufer aktiv. Mit niedriger Tilgung, hohen Kreditquoten und flexiblen Rückzahlungsplänen wird der Weg ins Eigenheim weiter beschritten. Wer clever plant, kann sich seinen Traum erfüllen – sollte aber die langfristigen Risiken im Blick behalten.

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