In Deutschland fehlen Wohnungen, gleichzeitig stehen immer mehr Büros leer. Die Bundesregierung setzt deshalb auf eine neue Förderung, die die Umnutzung von Gewerbeflächen massiv erleichtern soll. Ab Sommer 2026 gibt es zinsverbilligte Darlehen – und das ganz ohne Mietobergrenzen.
Leerstehende Bürogebäude bieten großes Potenzial für Wohnraum. Ab Sommer 2026 soll diese Umwandlung auch gefördert werden. Foto: iStock.com / Rossella De Berti
Wohnungsmangel trifft Rekordleerstand: Warum die Regierung jetzt umschwenkt
In vielen Städten steigt der Druck auf dem Wohnungsmarkt weiter an, während gleichzeitig ganze Etagen und Gebäude mit Büros leer stehen. Laut dem Bericht der Bundesregierung vom 5. November 2025 hat sich der Büroleerstand in den relevanten Märkten seit 2019 nahezu verdreifacht. Lag die Quote damals bei rund zwei Prozent, stieg sie 2024 auf 5,6 Prozent – das entspricht elf Millionen Quadratmetern ungenutzter Fläche. Schon 2023 waren es 4,8 Prozent.
Damit wird deutlich: Während Wohnraum fehlt, liegt potenziell nutzbare Fläche brach. Die neue Förderung soll diese Schere schließen und Eigentümern Anreize geben, ungenutzte Gewerbegebäude in neuen Wohnraum zu verwandeln.
„Gewerbe zu Wohnen“: Förderung ohne Mietobergrenzen
Ab Sommer 2026 soll ein neues Programm starten, das Eigentümern zinsverbilligte Darlehen bietet. 360 Millionen Euro sind dafür im Wirtschaftsplanentwurf vorgesehen. Eine Besonderheit sorgt für Aufsehen: Für das Förderprogramm sind keine Mietobergrenzen geplant.
Die Bundesregierung verweist darauf, dass es hierfür keine verfassungsrechtliche Grundlage gebe. Geförderte Wohnungen können also zu marktüblichen Konditionen vermietet werden.
Die wichtigsten Ziele des Programms:
- Leerstand beseitigen und Innenstädte beleben
- zusätzlichen Wohnraum in zentralen Lagen schaffen
- Umbaukultur stärken und CO₂ einsparen
- graue Energie nutzen statt neu bauen
Nach Angaben des Bundesbauministeriums könnten allein in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart rund 1,8 Millionen Quadratmeter Bürofläche in Wohnungen umgewandelt werden.
Warum der Umbau so viel schwieriger ist, als viele denken
Auf den ersten Blick scheint es logisch, leerstehende Büros einfach in Wohnungen umzuwandeln. In der Praxis ist der Weg jedoch lang und voller Hürden. Die größte Herausforderung ist das Planungsrecht: Viele Bürogebäude stehen in Gebieten, in denen Wohnen grundsätzlich nicht erlaubt ist. Selbst in Mischgebieten gelten Einschränkungen wie Wohnanteilsquoten oder Vorgaben zu den zulässigen Nutzungen im Erdgeschoss.
Auch bauliche Anforderungen bremsen viele Projekte aus:
- Brandschutz und zweiter Rettungsweg
- ausreichende Belichtung
- Schallschutz in dicht bebauten Lagen
- barrierefreie Erschließung
- vollständige Badezimmer und Küchenanschlüsse
- Stellplatzvorgaben der Kommunen
- besondere Auflagen im Denkmalschutz
Diese Standards orientieren sich häufig an Neubauten und sind im Bestand technisch oder wirtschaftlich schwer umsetzbar. Dazu kommt, dass Genehmigungsverfahren oft monate- oder jahrelang dauern, da viele Ämter beteiligt werden müssen.
Genehmigt – und dann? Was für Eigentümer gilt
Wird die Umnutzung bewilligt, bleibt zunächst alles wie zuvor: Gewerbemietverträge laufen weiter. Erst nach ihrem Ablauf oder einer ordentlichen Kündigung kann das Gebäude als Wohnraum genutzt werden.
Die Umstellung auf Wohnraummietverträge bringt weitere Besonderheiten mit sich. Mieter können jederzeit kündigen, Vermieter dagegen nur mit berechtigtem Grund. Institutionellen Eigentümern ist eine Eigenbedarfskündigung verwehrt.
Auch steuerlich kann die Nutzungsänderung Auswirkungen haben, etwa bei Abschreibungen oder der Umsatzsteuer.
Warum trotz Förderung kaum bezahlbarer Wohnraum entsteht
Der Verzicht auf Mietobergrenzen soll zwar einen starken wirtschaftlichen Anreiz schaffen, doch die Kehrseite ist absehbar: Die neu entstehenden Wohnungen werden in der Regel teuer sein. Umbauten im Bestand sind kostenintensiv – vom Brandschutz über neue Sanitärstränge bis zu strukturellen Eingriffen in Fassade und Grundriss.
Da das Programm lediglich zinsverbilligte Darlehen vorsieht und keine Zuschüsse, müssen diese Investitionen über höhere Mieten refinanziert werden. Die Förderung hilft somit vor allem Projekten, die sich ohnehin rechnen, und stärkt Angebote im mittleren und oberen Segment. Günstiger Wohnraum entsteht durch das Programm kaum, sodass die angespannte Lage am unteren Mietmarkt weitgehend unverändert bleibt.
Geschrieben am 29.11.2025
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