Laut einer aktuellen Beispielrechnung könnten Wärmepumpen im laufenden Betrieb bis zu drei Viertel gegenüber Gasheizungen sparen. In der Heizdebatte – mit Blick auf CO₂-Preis und künftige Gasnetz-Entgelte – spricht vieles für die Elektrifizierung. Entscheidend sind jedoch Gebäudezustand, Vorlauftemperaturen und die Gesamtrechnung über die Lebensdauer.
Austauschpflicht alter Kessel: Chance für den Umstieg
Der Betrieb einer Wärmepumpe ist nach Berechnungen fast drei Viertel günstiger als eine Gasheizung. Foto: Tomasz Zajda / stock.adobe.com
Wer heute vor einem Heizungstausch steht, tut dies oft nicht aus Lust an neuer Technik, sondern weil sehr alte Anlagen an Grenzen stoßen. Für viele Konstanttemperaturkessel, die seit rund 30 Jahren laufen, gilt grundsätzlich eine Austauschpflicht – Ausnahmen können je nach Gerätetyp und Nutzungssituation greifen. Spätestens dann stellt sich die Frage: Investiert man noch einmal in eine neue Gasheizung – oder bietet der Schritt zur Wärmepumpe langfristig mehr Planbarkeit?
Rechenmodell: Betriebskosten im Vergleich
Nach Darstellung von 1KOMMA5° – ein deutscher Anbieter von Wärmepumpen – verursacht ein typisches Einfamilienhaus (rund 170 m², angenommener Wärmebedarf 20.000 kWh/Jahr) mit einer alten Gasheizung jährliche Brennstoffkosten von etwa 2.880 Euro; eine neue Brennwerttherme läge rechnerisch bei rund 2.473 Euro.
Wärmepumpen können – je nach Gebäude, Auslegung und Betrieb – aus einer Kilowattstunde Strom mehrere Kilowattstunden Wärme erzeugen. Mit Photovoltaik, Speicher, dynamischem Tarif und intelligenter Steuerung würden die jährlichen Heizkosten im Beispiel auf ungefähr 750 Euro sinken; ohne diese Zusätze, aber zum durchschnittlichen Haushaltsstrompreis kalkuliert, ergeben sich etwa 1.985 Euro.
Damit spricht vieles dafür, dass die Wärmepumpe selbst ohne PV im Betrieb günstiger sein kann als Gas – mit Komplettsetup noch deutlicher. Es bleibt jedoch ein Rechenbeispiel: Reale Werte können abweichen (mildere Winter, andere Gaspreise etc.).
Zeitfaktor
Zeitfaktor: CO₂-Preis, Gasnetz-Entgelte und Stromkostenfenster
Der CO₂-Preis kann fossiles Heizen schrittweise verteuern; Gasnetz-Entgelte könnten tendenziell steigen, wenn weniger Haushalte angeschlossen bleiben. Das verschiebt die Betriebskostenperspektive zulasten neuer Gasheizungen. Wärmepumpen können dagegen von sinkenden Stromkostenfenstern und eigenem Solarstrom profitieren – vorausgesetzt, Gebäudehülle, Heizflächen und Vorlauftemperaturen passen. Wo die Hülle verbessert ist oder große Heizflächen (z. B. Fußbodenheizung) vorhanden sind, lassen sich Effizienzvorteile leichter heben; in unsanierten Beständen muss genauer geprüft werden, ob Hydraulik, Heizkörper und Vorlauftemperaturen harmonieren.
Förderung: Was derzeit gilt – und was unklar ist
Beim Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung ist aktuell grundsätzlich eine staatliche Förderung von bis zu 70 % möglich. Die Anträge müssen vor Beginn der Maßnahme gestellt werden; in der Praxis erstellt der beauftragte Fachbetrieb dafür eine „Bestätigung zum Antrag“ (BzA). Nach der Förderzusage bleibt in der Regel ein mehrjähriges Zeitfenster (bis zu 36 Monate), um die Umsetzung abzuschließen. Gleichzeitig ist die Debatte um das Heizungsgesetz politisch in Bewegung – die Sanierungs- und Heizungsförderung soll nach derzeitiger Linie fortgeführt werden, Details und künftige Konditionen sind jedoch nicht in Stein gemeißelt. Für Verbraucher bedeutet das: Fristen und Unterlagen sauber planen, aber keine Panik – der Markt ist versorgt, extrem lange Wartezeiten sind aktuell eher die Ausnahme.
Preise, Angebote, Kapazitäten
Marktbild: Preise, Angebote, Kapazitäten
Viele Marktbeobachter erwarten tendenziell sinkende Preise bei Wärmepumpen, weil mehr Anbieter auf den Markt kommen. Das kann für Haushalte ein Argument sein, Angebote sorgfältig zu vergleichen – inklusive Leistungszahl, Schallwerten, Hydraulikabgleich, Pufferspeicher und Regelungskonzept. Trotz mancher Verunsicherung berichten Beratungsstellen, dass ausreichend Geräte und Termine verfügbar sind; wichtig bleibt die seriöse Planung mit belastbaren Angeboten statt Schnellschüssen.
Entscheidungskriterium: Lebenszyklus statt Ideologie
Die Entscheidung sollte weniger ideologisch als betriebswirtschaftlich fallen. Wer eine sehr alte Anlage ersetzen muss, rückt die Gesamtrechnung über die Lebensdauer in den Mittelpunkt: Investition plus fortlaufende Kosten – inklusive CO₂-Preis, potenzieller Entwicklung der Netz-Entgelte und der eigenen Flexibilisierungschancen (PV, Speicher, dynamischer Tarif). In vielen Konstellationen dürfte die Wärmepumpe dadurch zum naheliegenden Standard werden, während die „neue Gasheizung“ eine begründete Ausnahme bleibt – etwa dort, wo bauliche Gegebenheiten eine Wärmepumpe ohne erhebliche Zusatzmaßnahmen nicht sinnvoll erscheinen lassen.
Praxis-Check: So gehst du strukturiert vor
- Gebäudeanalyse: Heizlast, Vorlauftemperaturen, Heizflächen, Dämmstandard und Hydraulik prüfen.
- Variantenvergleich: Wärmepumpe (ggf. Hybrid), neue Gasbrennwerttherme, Ergänzungen wie PV, Speicher, Heizflächenoptimierung.
- Förderfähigkeit klären: BzA vom Fachbetrieb, Antrag vor Auftrag/Einbau, Umsetzungsfristen einplanen.
- Vollkostenrechnen: Invest, Betrieb (inkl. CO₂-Preis, Netzentgelte), Wartung, Lebensdauer, Restwerte – plus Strom-Optimierung (Lastverschiebung, Tarife).
- Angebote prüfen: Leistungsdaten, Garantien, Schall, Aufstellkonzept, Bohr-/Erdarbeiten (bei Sole/Wasser), seriöse Montage- und Inbetriebnahmekonzepte.
Fazit
Unter aktuellen Annahmen sprechen die laufenden Kosten und die Perspektive künftiger Abgaben eher für die Wärmepumpe. Wer jetzt tauschen muss, sollte Förderwege früh klären, sauber dimensionieren lassen und die Gesamtkosten über 15 bis 20 Jahre betrachten. So wird aus einer aufgeheizten Debatte eine belastbare Investitionsentscheidung.
Geschrieben am 21.11.2025
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