Nach einem schwierigen Start ins Jahr scheint Tesla im Herbst 2025 wieder in der Spur zu sein. Die Verkaufszahlen der Autos stabilisieren sich. Doch still und heimlich wächst das Geschäft mit Solar, Wallboxen und Stromspeichern. Zieht Tesla bald auch in dein Haus ein?
Elon Musks Idealvorstellung: Ein Auto von Tesla vor dem eigenen Haus, betrieben mit Strom aus Solarenergie der eigenen Photovoltaikanlage und Wallbox. Foto: tesla.com
Nach dem Dämpfer im Frühjahr kommt die Trendwende
Noch zur Jahresmitte sah es für Tesla und Elon Musk wenig rosig aus: Absatzrückgänge bei den Fahrzeugen, Preisdruck in China und sinkende Margen setzten dem Elektroautopionier zu. Doch seit dem Sommer dreht sich der Trend. Wie der Firmenbericht aus dem dritten Quartal des Jahres 2025 zeigt, legte der Gesamtumsatz gegenüber dem Vorquartal um rund 7 Prozent zu, der operative Gewinn kletterte wieder über 1,9 Milliarden Dollar. Das mag auf den ersten Blick langweilig klingen, dahinter versteckt sich aber eine besondere Geschichte, die einen Wendepunkt des Konzerns darstellen könnte.
Besonders auffällig ist nämlich: Nicht die Autos machen das Geld, das "Automotive-Segment" stagniert nahezu. Und auch nicht die humanoiden Roboter, die in Zukunft Hausarbeiten übernehmen sollen. Es ist der Bereich "Energy Generation & Storage" mit üppigen zweistelligen Prozent-Raten. Das Segment, das bislang als Nebenlinie galt – wandelt sich allmählich zur tragenden Säule des Konzerns.
Energy & Storage: das neue Zugpferd
Laut dem Quartalsbericht stieg der Umsatz im Bereich Energy Generation and Storage auf 3,48 Milliarden US-Dollar, nach 2,79 Milliarden im Vorquartal und 2,29 Milliarden im Vorjahreszeitraum.Das entspricht einem Jahreswachstum von über 50 Prozent.
Noch beeindruckender: Der Bruttogewinn des Segments verdoppelte sich nahezu auf 1,09 Milliarden Dollar – eine Marge, von der die Autosparte derzeit nur träumen kann. Tesla spricht selbst von einem „significant step forward“ in Richtung Energiekonzern. Das Ziel: Stromerzeugung, Speicherung und Nutzung aus einer Hand – vom Megapack im Netz bis zur Powerwall in der Garage.
2023 wurde die Powerwall 3 - die aktuelle Version - auf den Markt gebracht. 2025 wurde die Zahl von einer Million verkaufter und installierter Exemplare geknackt. Foto: tesla.com
Was hinter Energy & Storage steckt
Das Segment umfasst inzwischen eine ganze Produktfamilie:
- Powerwall & Powerwall 3: Die Heimspeicher verzeichnen das stärkste Nachfragewachstum seit Bestehen. Tesla meldet neue Rekordbestände und den Start zusätzlicher Produktionslinien in Texas. Die Geräte sind mittlerweile weltweit in über 500.000 Haushalten installiert.
- Solar Roof & Solar Panels: Die Solarsparte wächst stabil, vor allem durch die Kombination mit Powerwalls. Die Integration mit Teslas App-Ökosystem („Tesla Energy App“) erlaubt Echtzeitsteuerung von Eigenverbrauch, Laden und Netzeinspeisung.
- Wall Connector und Supercharger-Integration: Immer mehr Kunden koppeln ihre Hausinstallation mit Teslas Ladeinfrastruktur. Im Q3 stieg die Zahl der Supercharger-Anschlüsse auf über 60.000 weltweit, ein Plus von über 20 Prozent im Jahresvergleich.
Das Ergebnis ist ein in sich geschlossenes Ökosystem, das vom Dach bis zum Stromnetz reicht – und damit genau die Richtung widerspiegelt, in die sich viele Industrieländer energiewirtschaftlich bewegen: Elektrifizierung, Dezentralisierung, Eigenverbrauch.
Zudem vertreibt Tesla auch seine Megapacks: Das sind Großspeicher-Systeme für Netzbetreiber, die zum Milliardenprodukt geworden sind. Rund 11,2 GWh Speicherkapazität aus – fast doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.
Tesla wird zum Energieunternehmen
Wer die Tesla-Berichte der letzten Jahre vergleicht, erkennt einen fundamentalen Wandel. 2016 machte der Energiebereich kaum 2 Prozent des Umsatzes aus, heute liegt der Anteil bei rund 15 Prozent – Tendenz steigend.
Das Wachstum ist also nicht nur rasant, sondern auch strukturell: Der Konzern diversifiziert sich von einem Autohersteller zu einem Energiekonzern mit Softwarekompetenz.
Musk selbst bezeichnet das Segment intern als „das Herz der nachhaltigen Tesla-Vision“. Analysten sehen in Energy & Storage das Bindeglied, das Teslas künftige Margen stützt, wenn das Autogeschäft stärkerem Wettbewerb ausgesetzt ist.
Während die Produktionskosten für Fahrzeuge weiter sinken müssen, sind die Margen bei Speicherlösungen bereits jetzt höher – und die Nachfrage steigt schneller, weil weltweit mehr Solaranlagen, Windparks und Netzausbauprojekte realisiert werden.
Die Zahlen im Vergleich: Das Energiegeschäft holt auf
| Jahr | Umsatz Energy & Storage (Mrd. USD) | Anteil am Gesamtumsatz | Ausgelieferte Kapazität (GWh) |
| 2016 | 0,13 | <2 % | 0,2 |
| 2019 | 1,53 | 6 % | 1,7 |
| 2022 | 3,91 | 8 % | 6,5 |
| 2024 | 6,03 | 11 % | 9,1 |
| 2025 (Q3 annualisiert) | 12,2 | ~15 % | 11,2 |
Quelle: Ausgewählte Quartalsberichte 2016 bis 2025
Während das Auto- und Servicegeschäft nur moderat zulegt, schießt Energy & Storage nach oben – inzwischen das am schnellsten wachsende Segment im gesamten Konzern.
Die Wende kam zur Jahresmitte
Bis Mai 2025 stand Tesla wirtschaftlich und kommunikativ unter Druck: Gewinnwarnungen, Analystenabstufungen und ein enttäuschendes zweites Quartal belasteten das Vertrauen. Doch ab Juni zeigte sich erstmals wieder Momentum – nicht zuletzt dank der Megapack-Expansion in Shanghai und der Fortschritte bei den Powerwalls
Im Q3-Bericht 2025 schreibt Tesla von „continued momentum into the second half of 2025“, getrieben durch steigende Speicherlieferungen, sinkende Produktionskosten und wachsende Netzanbindungskapazitäten.
Das belegt auch die Bruttomarge: Sie stieg im Energiesegment auf 31,2 Prozent, während sie im Fahrzeugbau bei rund 17 Prozent verharrte.
Damit zahlt sich die strategische Verschiebung erstmals in der Bilanz aus – weniger Abhängigkeit von schwankenden Fahrzeugmargen, mehr Stabilität durch Energiedienstleistungen.
Automotive bleibt wichtig – aber verliert Gewicht
Zwar verkaufte Tesla im dritten Quartal weiterhin über 1,3 Millionen Fahrzeuge weltweit, doch das Wachstum ist flach. Neue Konkurrenz aus China und Preiskämpfe drücken die Marge. Gleichzeitig bleibt das Interesse an den teureren Modellen wie Cybertruck oder Model S gering.
Das eigentliche Wachstum findet aber längst woanders statt. Energy & Storage ist die neue Gewinngrundlage, die langfristig wichtiger werden dürfte als die Fahrzeuge selbst.
Ausblick: Stromhunger gewinnt
Analysten erwarten, dass der Umsatz mit Energiespeichern und Solarsystemen bereits 2026 über den gesamten Gewinn der Autosparte hinauswachsen könnte. Der neue Megapack-Campus in Shanghai, der 2026 vollständig hochfährt, könnte die globale Kapazität um weitere 40 GWh pro Jahr erhöhen – ein Volumen, das bisher nur klassische Energieversorger erreichen.
Tesla positioniert sich damit als Pionier einer elektrifizierten Wohn- und Versorgungslandschaft: Strom erzeugen, speichern, laden – alles im eigenen Ökosystem. Der Konzern steht damit an der Schwelle vom Autobauer zum Infrastrukturunternehmen. Und so markiert das dritte Quartal 2025 womöglich den Wendepunkt.
Geschrieben am 03.12.2025
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