Solarenergie ist nicht jedermanns Sache, doch als Teil eines durchdachten Energiemixes gewinnt sie immer mehr Anhänger. Eine neue Entwicklung könnte jetzt weitere Freunde finden: Geschwungene Solardachziegel werden nach Jahren der Testphase immer effektiver und bieten mittlerweile eine echte Alternative – vor allem für denkmalgeschützte Gebäude und sensible Stadtbilder. Doch wie praktikabel und kosteneffizient ist die Technik wirklich?

Die gebogenen Solarmodule sollen Temperaturen von -40 bis +85 Grad und Hagel schadlos überstehen. Die terracotta-farbenen Module passen sich auch in historische Stadtbilder ein. Fotos (2): Jackery
Kann diese Technik zur Energiewende beitragen oder drohen hohe Kosten?
Die Energiewende stellt Hausbesitzer vor große Herausforderungen. Insbesondere die Integration von Photovoltaik (PV) in bestehende Gebäude wirft oft Fragen auf – sei es wegen des Denkmalschutzes, des Stadtbildes oder der Kosten. Geschwungene Solardachziegel, wie sie auf der BAU 2025 in München vorgestellt wurden, versprechen eine Ästhetik, die sich harmonisch in traditionelle Dachlandschaften einfügt. Doch wie sinnvoll ist diese Technik im Vergleich zu klassischen Solaranlagen? Und was kostet sie?
Die Technik hinter den geschwungenen Solardachziegeln
Wie das Unternehmen Jackery auf der Messe BAU 2025 berichtete, bestehen die neuen Solarziegel aus ultradünnen kristallinen Siliziumzellen mit einer Stärke von nur 0,13 mm. Mit einem Wirkungsgrad von über 25 Prozent sind sie effizienter als viele monokristalline Solarmodule, die oft zwischen 21 und 23 Prozent liegen. Der Wirkungsgrad beschreibt, wie viel der einfallenden Sonnenenergie tatsächlich in Strom umgewandelt wird. Ein Wirkungsgrad von 25 Prozent bedeutet also, dass ein Viertel der Sonnenenergie, die auf die Ziegel trifft, in Strom umgewandelt wird.
Die Leistung von 170 Watt pro Quadratmeter mag auf den ersten Blick wenig erscheinen, entspricht aber genug Energie, um beispielsweise eine LED-Lampe mit 10 Watt bis zu 17 Stunden zu betreiben – pro Quadratmeter Ziegelfläche. Je nach Dachfläche kann so ein relevanter Beitrag zur Energieversorgung geleistet werden.
Durch ihre gewölbte Form passen sie optisch zu klassischen Dachziegeln und fügen sich harmonisch in das Erscheinungsbild vieler Gebäude ein. Neben ihrer Effizienz wurde auch die Haltbarkeit getestet: Laut Jackery halten die Ziegel Umwelteinflüsse wie Hagel, Stürme oder extreme Temperaturen zwischen -40 und +85 Grad Celsius problemlos aus. Zudem sind sie modular aufgebaut, was Reparaturen erleichtert, weil sie Stück für Stück getauscht werden können. „Die Ziegel können mit über 90 Prozent der gängigen Befestigungssysteme verwendet werden“, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber futurezone.at.
Eine Alternative für Denkmalschutz und Stadtbilder
In Städten wie Nürnberg, wo wegen des historischen Stadtkerns Wert auf rote Dachschindeln und ein historisches Stadtbild gelegt wird, sind klassische Solaranlagen häufig problematisch. Hier könnten geschwungene Solardachziegel eine Lösung sein. Wie agrarheute.de berichtet, werden die Ziegel in terrakotta- und obsidianfarben angeboten, was sie von herkömmlichen Dachziegeln kaum unterscheidbar macht. Diese Eigenschaft macht sie besonders geeignet für denkmalgeschützte Gebäude oder Neubauten in Bereichen, die sich ins historische Stadtbild einfügen sollen. Allerdings muss letztlich immer das zuständige Denkmalamt entscheiden, ob solche Veränderungen am Dach erlaubt sind. Ohne diese Genehmigung sind Umbauten in denkmalgeschützten Bereichen nicht möglich.
Wie schneiden geschwungene Solarziegel im Vergleich ab?
Vorteile:
- Optik: Kaum von herkömmlichen Ziegeln zu unterscheiden.
- Flexibilität: Einsatz auf verwinkelten Dächern möglich.
- Haltbarkeit: Wetter- und UV-beständig, lange Lebensdauer.
- Reparatur: Beschädigte Ziegel können einzeln ausgetauscht werden.
Nachteile:
- Kosten: Sie kosten rund 40 % mehr in der Anschaffung.
- Leistung: Geringere Gesamtleistung pro Dachfläche im Vergleich zu Standard-PV-Modulen.
- Komplexität: Installation erfordert oft spezialisierte Fachkräfte.
Vergleich mit klassischen Solarmodulen:
Klassische PV-Module sind effizienter, kostengünstiger und für viele Dachformen geeignet. Allerdings beeinträchtigen sie die Optik und können in denkmalgeschützten Gebieten nicht eingesetzt werden.
Alternative Technologien
Neben geschwungenen Solarziegeln gibt es weitere innovative Technologien:
- Flache Solarziegel: Anbieter wie Tesla oder Meyer Burger bieten flache Dachziegel an, die vor allem für moderne Bauprojekte geeignet sind.
- Aufdach-PV-Anlagen: Die klassische Lösung für maximale Effizienz. Geeignet für große Dachflächen und hohe Strombedarfe.
- Mobile Balkonkraftwerke: Für Mietwohnungen und kleine Haushalte gibt es eine flexible Lösung mit Balkonkraftwerken.
Kosten und Fördermöglichkeiten
Die Anschaffungskosten für geschwungene Solarziegel sind hoch: Laut E-Fahrer.com kostet ein Solardach mit Solarziegeln für 170 Quadratmeter rund 40 Prozent mehr als ein Standarddach mit PV-Anlage. Zusätzlich gibt es Unterschiede je nach Dachkomplexität und Einbausituation.
Förderungen können helfen, die Kosten zu reduzieren. Für Neubauten kann die KfW über die "Bundesförderung für effiziente Gebäude" Zuschüsse gewähren. Bei bestehenden Dächern ist eine indirekte Förderung über das Programm BEG EM möglich, da die Sanierung der Dacheindeckung eingeschlossen ist.
Fazit: Für wen lohnt sich diese Technologie?
Geschwungene Solardachziegel sind ideal für Hausbesitzer, die Wert auf Ästhetik und Integration in sensible Stadtbilder legen, wie es in Nürnberg der Fall ist. Besonders in denkmalgeschützten Gebäuden bieten sie eine lösungsorientierte Alternative zu klassischen PV-Anlagen. Allerdings müssen die hohen Kosten bedacht werden, und es bleibt essenziell, vorab die Genehmigung des Denkmalamts einzuholen.
Für große Flächen und maximalen Ertrag bleiben klassische Solarmodule die bessere Wahl. Wer hingegen sein Haus nachhaltig modernisieren möchte und bereit ist, für das Design mehr zu investieren, findet in geschwungenen Solarziegeln eine spannende Option.