Energie

Ein Haus ohne Heizung – funktioniert das wirklich?

Autorenbild: Regine Curth
immowelt App herunterladen

Ein Haus bauen und ganz ohne Heizung auskommen – klingt verrückt, funktioniert aber längst. Dank extremer Dämmung und intelligenter Technik bleiben Passivhäuser im Winter warm und im Sommer kühl, ohne einen einzigen Heizkörper. Ein Beispiel aus Bayern zeigt, wie alltagstauglich das ist.

Wie ein Haus ohne Heizung funktioniert

Ein Passivhaus nutzt im Grunde das, was sowieso vorhanden ist: Sonnenwärme, Körperwärme und die Abwärme von Geräten. Alles beginnt mit der Gebäudehülle, die so gut gedämmt und luftdicht gebaut wird, dass kaum Energie entweicht. Große Fensterflächen holen zusätzlich möglichst viel Sonnenenergie ins Haus, die dann im Inneren gespeichert bleibt. Das ist der Kern des passiven Prinzips.

Damit die Luft trotzdem frisch bleibt, übernimmt eine Lüftungsanlage den Job, den sonst offene Fenster machen würden. Sie führt verbrauchte Luft ab und gewinnt die Wärme daraus zurück. Auf diese Weise kommt frische Luft ins Haus, ohne dass die mühsam gespeicherte Energie entweicht. Das Zusammenspiel aus Dämmung, Ausrichtung und Technik sorgt dafür, dass ein Passivhaus kaum externe Heizung braucht – oder eben gar keine.

Buchtipp: Klimafreundlich Bauen 2025: Magazin für Passivhaus & Co.

Wohnen komplett ohne Heizsystem umgesetzt

In der Nähe von Ingolstadt steht ein Haus, das die Idee konsequent zu Ende denkt: Dort wurde bewusst komplett auf ein Heizsystem verzichtet – br.de berichtet. Keine Heizkörper, keine Wärmepumpe, nicht einmal ein kleiner Heizstab. Die Idee dahinter war, eine Bauweise auszuprobieren, die günstiger, schneller und weniger fehleranfällig ist als klassische Haustechnik.

Der Bayerische Rundfunk hat darüber berichtet – und das Beispiel zeigt eindrucksvoll, wie gut die Kombination aus Dämmung, Sonnennutzung und Wärmerückgewinnung funktioniert. Die Temperaturen bleiben stabil, auch im Winter. Und das ohne Energieverbrauch, der sonst teuer erkauft werden müsste.

Warum Passivhäuser so effizient sind

Der Energiebedarf eines Passivhauses ist im Vergleich zu normalen Neubauten extrem niedrig. Statt vieler hundert Kilowattstunden pro Jahr kommt ein Passivhaus mit etwa 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter aus. Das entspricht ungefähr der Energie, die in eineinhalb Litern Heizöl steckt.

Für die Bewohner bedeutet das: Die Kosten für Wärmeversorgung sinken auf ein Minimum. Während viele Haushalte im Winter hohe Rechnungen von Gas- oder Ölversorgern bekommen, zahlen Passivhaus-Besitzer oft nur wenige Hundert Euro im Jahr – und das unabhängig von Preissprüngen am Energiemarkt.

Auch das Raumgefühl ist besonders angenehm. Die Temperaturen bleiben sehr konstant, die Luftfilter der Lüftungsanlage entfernen Pollen und Schadstoffe, und es gibt keine kalten Wände oder Zugluft. Dieser Komfort entsteht aus der Bauweise selbst und nicht aus einer Technik, die bei Starkfrost auf Hochtouren laufen muss.

Wo die Grenzen liegen

Ein Passivhaus ist kein Wundermittel, das überall funktioniert. Wer sich dafür entscheidet, muss etwas mehr investieren, denn Dämmung, hochwertige Fenster und Lüftungstechnik kosten zunächst mehr als herkömmliche Lösungen. Viele Bauherren müssen deshalb mit zehn bis zwanzig Prozent höheren Baukosten rechnen.

Hinzu kommt die anspruchsvolle Planung. Ein Passivhaus verzeiht keine Schlamperei – eine schlecht gedämmte Ecke reicht aus, um das Gesamtkonzept zu stören. Deshalb sind erfahrene Planer und Bauunternehmen ein Muss. Auch der Standort ist entscheidend. Ein Haus, das im tiefen Schatten liegt, kann die Sonnenwärme schlechter nutzen und verliert damit einen Teil seines Effizienzvorteils.

Was ein Passivhaus kostet

Die meisten Passivhäuser bewegen sich zwischen 2.000 und 3.000 Euro pro Quadratmeter. Ein Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern liegt also bei 300.000 bis 450.000 Euro. Das klingt höher als der Durchschnitt, relativiert sich aber über die Jahre durch extrem geringe Energiekosten. Viele klassische Neubauten verschlingen jährlich mehrere Tausend Euro für Heizung und Warmwasser – im Passivhaus sind es 200 bis 300 Euro.

Wer zusätzlich eine Photovoltaikanlage nutzt, kann einen Großteil des eigenen Energiebedarfs abdecken und unabhängiger von steigenden Preisen werden.

Kann man ein altes Haus zum Passivhaus machen?

Altbauten lassen sich selten vollständig auf Passivhausstandard bringen, aber man kann sich annähern. Die beste Wirkung erzielt man durch eine hochwertige Fassaden- und Dachdämmung. Auch neue Fenster können enorme Energieverluste einsparen. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung verbessert die Effizienz weiter, auch wenn die Nachrüstung etwas aufwendiger ist. Photovoltaik und Wärmepumpen sind zusätzliche Bausteine, um den Energieverbrauch deutlich zu senken.

Lohnt sich ein Haus ohne Heizung?

Wer langfristig niedrige Energiekosten möchte und ein Haus sucht, das schon heute Standards erfüllt, die viele Neubauten erst in Zukunft erreichen müssen, trifft mit einem Passivhaus eine sinnvolle Entscheidung. Das Beispiel aus Bayern zeigt, wie praxistauglich ein komplett heizungsfreies Gebäude inzwischen ist. Die Baukosten sind höher, aber sie stehen einer Technik gegenüber, die im Alltag nicht nur funktioniert, sondern oft sogar komfortabler ist als klassische Heizsysteme. Wer bereit ist, anfangs etwas mehr in Planung und Material zu investieren, bekommt ein Zuhause, das unabhängig von Energiepreisen, stabil in den Temperaturen und nachhaltig für viele Jahre bleibt.

(0)
0 von 5 Sternen
5 Sterne
 
0
4 Sterne
 
0
3 Sterne
 
0
2 Sterne
 
0
1 Stern
 
0
Deine Bewertung:

Seite weiterleiten

Artikel drucken

War dieser Artikel hilfreich?

immowelt Redaktionskodex

Die immowelt Redaktion verfügt über ein breites Immobilienwissen und bietet den Lesern sorgfältig recherchierte Informationen in hilfreichen Ratgebertexten. Der Anspruch der immowelt Experten ist es, komplexe Sachverhalte möglichst einfach wiederzugeben. Sämtliche Inhalte werden regelmäßig überprüft und verlässlich aktualisiert. Die immowelt Redaktion kann und darf keine rechtsgültige Beratung leisten. Für rechtsverbindliche Auskünfte empfehlen wir stets den Rat eines Fachanwalts, Eigentümer- oder Mieterverbands einzuholen.

Hier geht es zu unserem Impressum, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den Hinweisen zum Datenschutz und nutzungsbasierter Online-Werbung.